Auf den Spuren der „First Nations“

Als „First Nations“ – auf Französisch: Premières nations, in Deutsch: Erste Nationen – werden die indigenen Nationen in Kanada bezeichnet. Der Begriff betrifft allerdings nicht die Métis (Nachkommen von Cree und Europäern) und die Inuit. Werden diese Bevölkerungsgruppen miteingeschlossen, dann spricht man von First Peoples. Der Begriff „First Nations“ bezeichnet also die Indianer, die bereits um 10.000 v. Chr. über die Beringstraße nach Kanada kamen.

Quebec, Museum der Schönen Künste in Montreal

Quebec, Museum der Schönen Künste in Montreal

Verbreitung, Sprache und Kultur der First Nations

Heute bezeichnen sich etwa 700.000 Menschen in Kanada als „First Nations“ – 615 Stämme sind vom kanadischen Staat anerkannt. In den Provinzen British Columbia und Ontario lebt etwa die Hälfte dieser Stämme. Die Hälfte aller Reservate liegt in Britisch Columbia. Da die einzelnen Indianerstämme bis ins 18. Jahrhundert hinein kaum ein übergreifendes, gemeinschaftliches Bewusstsein ausbildeten, ist heute Englisch die am weitesten verbreitete Sprache der First Nations. Nichtsdestotrotz gibt es auch heute noch indigene Sprachen – die über 50 verschiedenen Sprachen gehören zehn Sprachfamilien an. Die Algonkin-Sprachfamilie ist dabei mit etwa 150.000 Sprechern die größte. Während der letzten Jahrzehnte sind allerdings immer mehr indigene Sprachen vom Aussterben bedroht.

19. u. 20. Jahrhundert: Einweisung in Reservate und ökonomische Marginalisierung

Noch immer leiden die „First Nations“ unter gesellschaftlicher Ausgrenzung – in jüngster Zeit versuchte die kanadische Regierung allerdings, Missstände zu bekämpfen. Im 19. Jahrhundert wurden die Indianer – wie auch auf dem Rest des nordamerikanischen Kontinents – in Reservate eingewiesen. Jedoch war die Verfolgung dieser First Nations niemals so aggressiv wie in den USA. Nach dieser Phase der Missionierung und Einweisung folgte eine Zeit, in der die Indianer vor allem ökonomisch marginalisiert wurden. Auch zentrale Elemente der First-Nations-Kultur – von Religion bis hin zur Sprache – wurden unterdrückt. Kinder der Indianer wurden in internat-artige Schulen zwangseingewiesen. Durch diese Epoche, die bis in die 1980er-Jahre dauerte, haben viele First Nations den Kontakt zu ihrer Kultur verloren.

Jüngste Entwicklung

In den vergangenen beiden Jahrzehnten versuchte die Regierung durch die Einrichtung von politischer und kultureller Sicherheit bzw. die Errichtung von Schutzgebieten auf Teilen der alten Stammesgebieten und Selbstverwaltung eine Neubelebung und wirtschaftliche Erholung der Reservate durchzusetzen. Heute werden Sprachen und Rituale wieder stärker gepflegt.

Museen und archäologische Stätten

Interessierte Reisende können durch Kultur-Ausflüge, die von einigen Reisebüros angeboten werden, mit der Kultur der First Nations in Kontakt kommen. Auch Museen in Kanada bieten umfangreiches Ausstellungsmaterial und interessante Führungen an, die Besucher der indianischen Kultur näherbringen. Das Royal British Columbia Museum in Victoria ist eine der bedeutendsten Forschungseinrichtungen in Kanada, die Schwerpunkte des Museums sind Naturgeschichte und First Nations in British Columbia. In der „First Peoples Gallery“ werden Totempfähle, Kanus und Masken ausgestellt.
Äußerst interessant ist auch das X̲á:ytem und das Xá:ytem Longhouse Interpretive Centre – ein Museum, an das eine archäologische Stätte angeschlossen ist. Das Center liegt in Mission, einem Ort in British Columbia an der Pazifikküste Kanadas. Etwa 16.000 Fundstücke der indianischen Kultur wurden um 1990 während der archäologischen Grabungen östlich von Mission gefunden. 1992 wurde die Stätte zur National Historic Site erhoben. Auf dem Gebiet der Sto:lo sind inzwischen etwa 350 archäologische Stätten und 200 heilige Orte registriert worden. Das Museum bietet archäologische und kulturgeschichtliche Touren sowie Workshops an.